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    beat geloopt. der sammler 
    narziss.echo.
    kashmere experience 92. off the herd. 
    carpe diem. formwandler. kurve militant.
    regatta. postkarte.  
     

    beat geloopt

    so erfahre ich den raum
    partyambiente und sound
    sind protektion für meine seele
    und zugleich injektion
    direkt unter meine haut

    der rythmik fette bässe
    die chronometer meiner zeit
    konstruktiv mein geschlecht umschmeichelnd
    der beat geloopt und fein zerhackt
    treibt schabernack mit meiner empfindsamkeit

    die beatbox in meinem brustkorb
    schlägt schneller und schneller
    verirrt sich im rythmusgewölbe
    sie übt sich in breakbeat
    stolpert und fällt hin

    ein kollektives zucken durchfährt die menge
    allein, die bewegung ist genial
    wir werden zu einem sonderbaren wesen
    mit nur einer moral und 4000 füssen
    ohne furcht vor der stampede

    aus grossen poren schwitz ich mir
    die verantwortung aus dem leib
    sie fällt wie böse schlacke zu boden
    kühlt langsam ab in grossen lachen
    von bier und schweiss, bis sie endlich erstarrt

    was bietet mir die andre welt
    die ich selten fühlen kann und leben
    und auszuziehn vermag, wie eine alte haut
    die pumpende wirklichkeit dieses events
    sie scheint mir vertraut und gegenwärtig

    der sammler

    erstens: er ist alt. und er sammelt dinge, die ihn erinnern an früher und an jetzt. schubladen voll mit 100 jahren. unsortiert wie seine gedanken warten sie auf den nächsten tag manchmal gefunden, nie achtlos gelassen finden sie ihren platz in seiner geschichte und er erzählt, weil sie es ihm erzählen: wie alles war, früher, von dingen und grenzen, von lügen und stolz. von einem leben knapp 20 hände alt. die alles verpacken in ordner und schubladen. wie viele sind noch frei? und er erzählt von grenzen. wie sie sich verschieben im laufe der zeit! in zwei kriegen. wie sie sich zwischen und nach zwei kriegen verschieben! wie grenzen dazu da sind, nationen voneinander zu trennen. wie sie hunger und elend, wie sie krankheiten verursachen.

    zweitens: aber er erzählt auch, wie er seinen besitz einzäunen mußte, zuerst als schutz vor dieben und tagelöhnern, die unterschlupf suchten. später war es gut, dass sein besitz umzäunt war, der zaun markierte die rechtmäßigkeit. hier endet mein land, hier fängt deins an! er erzählt, wie sich grundstücksgrenzen verschieben, wenn land neu vermessen wird. er erzählt, wie er meter um meter, zentimeter um zentimeter um sein land kämpfen mußte. anders als im krieg war das, das kämpfen. aber auch da ging es um existenz. er kämpfte, bis sie ihm alles abgenommen hatten, sein haus, sein grundstück, seinen zaun. und hinterher kämpfte er, um es wieder zu bekommen. und er erzählt, dass sie ihn darin leben lassen, in dem haus, in dem er geboren ist, weil sie ein schlechtes gewissen haben. sie lassen ihn darin leben, mietfrei, obwohl es ihm gar nicht mehr gehört! sie haben es ihm abgenommen. er hat dagegen prozessiert. er hat den prozeß verloren. er lebt jetzt in dem haus: mietfrei das haus steht robust, doch ist es leicht verkommen. um es herum wuchern die pflanzen wie lügen. hier wäre der gärtner ein rechtsbeistand.

    drittens: und er erzählt von lügen, wie sie es durch lügen geschafft hatten, sich sein haus, seinen garten, sein land unter den nagel zu reißen. er erzählt von verloren gegangenen dokumenten, oder von gestohlenen dokumenten? auf jeden fall: betrug war dabei, aber auch pech. ein krieg war dabei, der zweite. und der frieden danach. irgendwo dazwischen ging einiges verloren: geld, zeit, dokumente. und seitdem sammelt er alles. alles, was aus papier ist. und bedruckt ist. er sortiert nach dem eingang. er hat aktenordner, in denen rechnungen, werbung, zeitungen, mahnungen säuberlich nach datum dokumentiert sind. ein ordner mit der aufschrift: april bis august 1992. und da fällt mir auf, dass er hunderte von aktenordnern in den regalen hat.und überhaupt: das ganze haus ist voller: regale. aber auch voller papiere, auf dem boden, überall. er sei in letzter zeit so vergesslich, und so müde, sagt er. ihm fällt es oft schwer, das alles zu sortieren. es ist so viel! und daher können sie ihn jetzt wieder belügen und betrügen. seinen sozialarbeiter behandelt er, als wäre er ein dieb. neulich erst hat er ihn dabei erwischt, wie er in der küche etwas ordnung machen wollte. er warf den werberamsch in den müll. da schrie der alte, sein fauliger geifer spritzte durch die küche: was er sich einbilde, der herr sozialarbeiter. was er da wegwirft, sind möglicherweise wichtige dokumente, auf jeden fall aber informationen. die wirft man nicht einfach weg! erst, nachdem sie geprüft wurden. er sei aber in letzter zeit so vergesslich, und so schrecklich müde. ihm fällt es schwer, das alles zu sortieren. es ist so viel! wenn der alte sammler es dann doch schafft, den dokumentenstapel abzuarbeiten, dann ist er oft: unentschlossen. er heftet daher: vorsichtshalber alles zusammen in einen leeren aktenordner: nach datum!

    viertens: und er erzählt von stolz. dass er niemals aufgegeben hat, niemals nachgegeben hat, auch heute nicht. er wird nur schneller müde. der krieg, der erste, da mußte er in der gefangenschaft die hosen runterlassen. nicht nur er, auch seine kameraden. die hatten schon frieden geschlossen, da mußte er immer noch die hosen runterlassen. er hatte sich geweigert, sie zwangen ihn, dann hat er sich gewehrt. geholfen hat es nichts. da war es wichtig, seinen stolz zu bewahren. vor sich selbst zu bestehen. haltung zu zeigen. nicht verückt zu werden. die hatten schon lange frieden geschlossen, da mußte er immer noch die hosen runterlassen. und überhaupt, was für ein frieden war das denn? was danach kam, war auch nicht besser. als er wieder zurück kam, war alles zerbombt. fast. sein haus war eines der wenigen, die nicht in schutt und asche lagen. aber geplündert war es. es hatte lange gedauert, bis endlich wieder ordnung herrschte. alles war jedoch nicht mehr in ordnung zu bringen. die stadt machte ihm seinen besitz streitig, und ihm fehlten wichtige dokumente, weiß der teufel, wo die hingekommen sind. jetzt jedenfalls sammelt er alle schriftstücke. wenn er nicht müde ist. er verdiente nicht schlecht, damals bei der kirche: nach dem krieg. er war kein mitläufer, aber auch kein rebell. er schlug eine höhere angestelltenlaufbahn in der kirchenverwaltung ein. er führte ein unauffälliges bürokratenleben. er raffte alles ersparte und noch mehr zusammen und prozessierte: jahrelang. wenn er noch geld hätte, sagt er, würde er weiter prozessieren. obwohl er in allen instanzen verloren hatte. sie haben ihm seinen besitz genommen, aber nicht seinen stolz. jetzt ist er alt, und er sammelt dinge, die ihn erinnern: an früher und an jetzt. an dinge und grenzen, lügen und stolz.

    fünftens: und die dinge: eigentlich verhält es sich hier umgekehrt. die dinge in seinem haus. sie erzählen von ihm. das geschirr, das besteck in seiner küche, das nie mehr richtig sauber wird, das mit flecken übersät ist wie die hände des alten. die vielen aktenordner in den regalen, die von tagen, von wochen und monaten, von jahren erzählen, von zeiten, als es noch keine videorekorder gab, von zeiten, als der regierungswechsel kam. die davon erzählen, wie sich alles geändert hat, aber doch alles seltsam gleich geblieben ist. die vielen aktenordner in den regalen, die von zeit erzählen: sie erzählen seine geschichte. jede ablage im haus, jeder tisch, jedes stück boden erstickt an dieser geschichte, die noch nicht ganz erzählt ist. die ein entwurf ist: immer noch: wie sie da liegt. dann sind da noch ein paar vasen auf der fensterbank: verstaubt, mit welken blumen drin. es riecht schlecht: in dem haus, in dem er wohnt. die schubladen sind nicht verschlossen. und keine ist mehr frei. <

     

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