beat geloopt. der sammler | |
narziss.echo. | |
kashmere experience 92. off the herd. | |
carpe diem. formwandler. kurve militant. | |
regatta. postkarte. | |
kashmere experience '92
der bus keucht. steigt. klappert den berg hinauf und meine hämorrhoiden
schwingen im rhythmus der straßenschäden. ich sitze nicht, ich leide, und
die holzbank treibt mir splitter in den arsch, vielleicht kann ich deshalb
meine beine nicht mehr spüren, die splitter durchschneiden haut, fett, nerven.
weiße zähne starren mich an, das fleisch um sie herum ist zu einem grinsen
verzerrt, eine hand bietet mir von dem vergammelten chapati an, und ich
versuch's noch mal mit lächeln, klappt nicht, lass ich's halt, hat eh keinen
zweck, ich hab's schon hundertmal abgelehnt, ich winke ab. fünfzehn stunden
fahrt nun schon, seit heute morgen schleppen wir uns das gebirge hoch, in
diesem verfickten bus, und außer mir geht das niemandem auf die nerven.
das kränkt mich sehr und ich will schlafen, aber schlafen ist nicht. hat
schon mal jemand einen straßenarbeiter am presslufthammer einschlafen sehen?
ein ausgebrannter bus fünfzig meter unter uns. es gibt keine straßenbegrenzung.
die fahrzeuge, die uns von oben entgegenkommen, rasen um die kurven, als
hätten sie alle götter dieser erde auf ihrer seite. sie hupen ins unsichtbare,
als wäre die hupe ein echolot, mit dem man hindernisse orten kann. ich will
nicht sterben. nicht in einem bus, vollgepackt mit teppichhändlern, noch
im todeskampf würde geschwatzt und chapati verabreicht werden. einer will
mir dann haschisch verkaufen, aber ich glaube, er will mich verarschen,
also lass ich's bleiben, wie ich überhaupt alles bleiben lasse. da war mal
einer, der hat's gekauft, danach musste er die bullen bestechen. er hat
dann noch gesehen, wie die bullen dem dealer sein zeug zurückgegeben hatten.
ökonomie dieser art funktioniert nur, solange der kunde noch geld hat. ein
bergdorf. füße vertreten. was essen, ich hab' hunger, von dem essen im gasthaus
bekommt man schon vom hinsehen durchfall, ist aber egal, schmeckt jedenfalls
besser als es aussieht, und ich behalte es bei mir, nehme noch etwas obst
mit auf die reise, wieder einer mit haschisch, nervt, ich werde ihn aber
los, der bus geht, meine immer noch tauben arschbacken setzen sich, die
straße ist breakbeat und ich will nach hause. warum fasziniert mich dieses
land nicht, warum nicht seine leute? mich kotzt dieser vordergründig freundliche
habitus an und mein eigenes, typisch deutsches schuldgefühl darüber, dass
ich so was auch nur denken kann. hab ja nie behauptet, ein menschenfreund
zu sein. und verstehen, gut finden muss ich auch nicht alles. ein kluger
mensch hat mal gesagt, dass frieden nur möglich ist, solange es missverständnisse
unter den menschen gibt. bin ich der einzige, der das jetzt klug findet?
der berühmte tunnel, der einzige landweg zu meinem ziel, gott, wie bin ich
darauf gekommen, da hin zu wollen? aber ich bin erleichtert, nur noch durch
und dann geht's ausschließlich bergab, danach kommt fruchtbares land, weite
äcker und seen und kanäle, die schöner sein sollen, als es das prospekt
verspricht. die vegatation schließt blumenkohl, palmen, sonnenblumen und
orchideen mit ein. wir müssen noch mal halten. wir befinden uns auf einer
schmugglerstrecke, militär durchsucht unser gepäck, der dealer gibt einem
soldaten einen brocken shit, sie unterhalten sich, als wären sie alte bekannte.
im gepäck werden keine waffen gefunden, der soldat will mir etwas haschisch
verkaufen. was kommt als nächstes? ich beschließe, für den rückweg ein flugzeug
zu nehmen.
off the herd
ich sitze im hohen gras der steppe. mein magen knurrt, ich habe schon lange
nichts mehr gegessen. ich beobachte diese antilopenherde, wie die tiere
eng beieinander stehen und grasen. so ist es ziemlich aussichtslos, beute
zu machen. ich muss noch warten. die zeit vergeht, doch glücklicherweise
besitze ich kein zeitgefühl. das ist gut so. ich habe die möglichkeit, ganz
im hier und jetzt zu leben. jetzt passiert es: eine junge antilope entdeckt
die weite und entfernt sich von der herde. es ist ein junges ding, muskulös,
kräftig. das wird nicht leicht werden. zum glück bin ich schnell. außerdem
kann mich das jungtier nicht wittern, ich bin schlau genug, mich nicht von
der falschen seite zu nähern. ich schleiche mich heran, durch das hohe gras
der steppe, warte auf den günstigsten augenblick und renne dann auf das
tier zu. es hebt den kopf, spürt die gefahr, erkennt mich, flüchtet jetzt,
schlägt haken, ich berechne seine richtung, verschätze mich nicht und bin
jetzt ganz nah dran, ein meter vielleicht, mein puls rast, es entwischt,
ich jage weiter, schnappe nach dem weichen, saftigen fleisch, bekomme es
endlich zu fassen, reise das tier zu boden und ich, ich stoße meine scharfen
zähne in die kehle, das warme blut erregt meine sinne, und während die antilope
stirbt, versorge ich meinen magen mit nahrung. den zuckenden rest bringe
ich zu meinem versteck. es wir für eine weile reichen, wie lange, ist mir
egal. ich lebe im hier und jetzt.
eine stimme aus der herde: schlimmschlimm,
was da wieder passiert ist. ich war ja zur tatzeit ganz in der nähe. aber
ich war wohl zu beschäftigt .... nun, ich sage ihnen, ich habe gespürt,
dass da etwas nicht stimmt. was geht dieses dumme ding denn auch alleine
auf die straße? um diese uhrzeit? schlimmschlimm. naja, so etwas passiert
ja heutzutage dauernd. und eines muß ich ihnen sagen: so wie diese jungen
dinger rumlaufen - heutzutage - da wundert einen ja gar nichts mehr. die
provozieren solche übergriffe ja geradezu. sehr richtig, frau nachbarin,
sagt eine andere stimme. was dann noch gesagt wird, geht im allgemeinen
gekaue und gemurmel unter, der alltag bestimmt jetzt wieder die szenerie.